Rede zum „Holocaustgedenktag“ am 27.01.2012 in Rostock
27. Januar 2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armen die Überlebenden des KZ Auschwitz-Birkenau, des größten Vernichtungslagers des Nazi-Regimes. Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, wie er offiziell heißt, erinnert seit 1996 in Deutschland an alle Opfer des NS-Regimes, an Juden, Christen, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Andersdenkende, wie Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter sowie an Männer und Frauen des Widerstandes, an Wissenschaftler, Künstler, Journalisten, Kriegsgefangene und Deserteure, an Millionen Zwangsarbeiter, an die Millionen Menschen, die unter der faschistischen Gewaltherrschaft entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden.
Es hat lange gedauert bis die Deutschen sich entschließen konnten, an einem konkreten Tag der Opfer des NS-Regimes zu gedenken und sich damit klar auf die Seite der Opfer zu stellen. In Mecklenburg-Vorpommern ist der 27. Januar ein Tag, an dem die Erinnerung und Mahnung an das NS-Regime an die folgenden Generationen weitergegeben werden soll, wie Ministerpräsident Erwin Sellering in seiner Pressemitteilung gestern erklärte. Weder alte noch neue Nazis haben bei uns Platz, betonte Sellering zugleich. Ich glaube, dass diese Position sich bundesweit erst noch durchsetzen muss. Zumindest ist die Forderung nach einem NPD-Verbot durch alle demokratischen Parteien im Landtag Mecklenburg-Vorpommern und die Aufhebung der Immunität der NPD-Abgeordneten Pastörs und Petereit ein erster wichtiger und zugleich symbolhafter Schritt, um den Treiben der alten und neuen Nazis konsequenter als bisher entgegenzutreten. Es ist schon erstaunlich, dass über zehn Jahre hinweg Nazi-Terroristen unerkannt und systematisch Menschen ermorden konnten und dies den Behörden verborgen blieb, obwohl zahlreiche Personen in den regionalen Nazi-Szene-Umfeldern der Opfer in die NSU-Morde involviert waren. Noch dramatischer ist, dass der Staat über V-Leute Geld in die Naziszene investiert, das möglicherweise auch die
Nazi-Mörder erreicht hat. Die umfangreiche Aufklärungsarbeit, die zu immer neuen Durchsuchungen und Festnahmen geführt hat, macht zugleich deutlich, wie blind der Staat über Jahre hinweg auf dem rechten Auge war. Zugleich diffamieren Vertreter des Staates regelmäßig Antifaschisten und Verfechter alternativer demokratischer Gesellschaftskonzepte als Extremisten. Für uns ist es erschütternd, aber nicht überraschend, dass Nazis nun auch systematisch Menschen hier in Deutschland töten. Lagen die Nazi-Straftaten doch in den vergangenen Jahren bei bis zu 20.000 jährlich, darunter 800 Gewalttaten. Bis zu 180 Menschen starben seit 1990 durch Nazi-Gewalt. Deshalb ist es wichtig, dieser Gewalt und der Ideologie, die sie stützt, mit allen demokratischen Kräften gemeinsam den Boden zu entziehen. Zur verstärkten Aufklärung über rechtsradikales Denken und Gewalt in den Schulen hat auch der neue Chef der Kultusministerkonferenz, der Hamburger Kultusminister Thies Rabe aufgerufen. Ich freue mich deshalb, dass wir heute in Crivitz und Barth zugleich die Ausstellung über Neofaschismus in Deutschland eröffnen können. Darin informieren wir nicht nur über die Ideologie der neuen Nazis, mit der sie nahtlos an Denken und Werte des historischen Faschismus anknüpfen. Wir zeigen auch, dass diskriminierende Einstellungen in erheblichen Teilen der Bevölkerung das gesellschaftliche Klima vergiften und den neuen Nazis Anknüpfungspunkte bieten. Deshalb haben Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Medien, Parteien und Organisationen eine besondere Verantwortung, solchen Vorurteilen aktiv entgegenzutreten und diese nicht noch zu bedienen, wie dies gelegentlich geschieht. Wir fordern den Bildungsminister unseres Landes auf, die Bildungszensur zur Neofaschismusausstellung der VVN-BdA endlich zurückzunehmen. In einem zentralen Punkt der Kritik an unserer Darstellung der erheblichen staatlichen Finanzierung der Neonazis in Folge des Parteienprivilegs wird die Argumentation der Verantwortlichen immer dünner. In einem Interview mit der rechtsextremen Internet-Plattform mupinfo.de erklärte der NPD-Fraktionschef in MV und Partei-Vize Udo Pastörs hierzu Ende 2011 Folgendes: Die Wahlerfolge und der Ausbau der NPD wären ohne das Geld des Staates nicht möglich gewesen. Dies bestätigt unsere Position, dass das Parlament für die NPD Geldmaschine, Propagandabühne und Versorgungswerk zugleich ist, wodurch die regionalen Nazistrukturen gestärkt werden. Dies zeigt sich etwa in der Verfünffachung der kommunalen NPD-Mandate in Mecklenburg-Vorpommern in wenigen Jahren auf über 60. Es ist Zeit zu handeln. Unterstützen Sie unsere Kampagne: NPD-Verbot – jetzt aber richtig, z.B. mit einer Unterschrift im Internet unter nonpd.de !! Treten Sie diskriminierenden Äußerungen, wo auch immer, konsequent entgegen, um den Nazis den Boden zu entziehen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Dr. Axel Holz